Autistische Fantasie (mittleres bis geringes Integrationsniveau) und Tagträumerei (gutes bis mittleres Integrationsniveau)
Quelle:
Boessmann, Remmers, 2016: Praktischer
Leitfaden der
tiefenpsychologisch fundierten Richtlinientherapie - Wissenschaftliche
Grundlagen, Psychodynamische Grundbegriffe, Diagnostik und
Therapietechniken, Deutscher Psychologen Verlag, Berlin
Das zeitweise tagträumerische Abgleiten in eine innere Vorstellungswelt ist ein natürlicher Vorgang und erfüllt vermutlich biologische, neurophysiologische und psychologische Funktionen. Tagträumen kann – v. a. wenn es exzessiv auftritt – eine Ersatzfunktion für fehlende zwischenmenschliche Beziehungen und wichtige, aber unbefriedigte Bedürfnisse erfüllen. Besonders wenn es bei äußeren und inneren Anforderungen, Belastungen und Konflikten, die nicht angemessen gelöst werden können, verstärkt auftritt, ist an eine Abwehrfunktion des Tagträumens zu denken.
Funktion: Ähnlich wie Nachtträume scheinen Tagträume u. a. die Funktion zu haben, Erlebtes zu verarbeiten. Durch Tagträumen lässt sich zudem eine innere, virtuelle Ersatzwelt erschaffen (ähnlich wie bei Computerspielen), die ein gewisses Maß an Wunschbefriedigungen und Erlebensmöglichkeiten bietet, die in der äußeren Wirklichkeit versagt bleiben. Wenn in der Therapie Tagträume besprochen und dabei unerfüllte Wünsche und Sehnsüchte des Patienten deutlich werden, können diese als Zielressourcen angesprochen und genutzt werden. Angemessene Befriedigungsmöglichkeiten sowie äußere und innere Hemmnisse, die der Befriedigung entgegenstehen, können dann bearbeitet werden
Dysfunktionalität: Je stärker das Tagträumen ausgeprägt ist, je wirklichkeitsfremder die Vorstellungen von sich selbst und anderen sind und je stärker dadurch die Bewältigung täglicher Anforderungen des Lebens behindert wird, desto eher kann von "autistischer Fantasie" im Sinne eines gering integrierten Abwehrmechanismus gesprochen werden.
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